Ein Auto sendet Radarstrahlen aus, um andere Fahrzeuge im direkten Umfeld zu erfassen.

Autonomes Fahren: Das müssen Sie wissen

Autonomes Fahren revolutioniert die Automobilindustrie. Das selbstständige Steuern von Fahrzeugen durch hochentwickelte Computer- und Fahrerassistenzsysteme sowie Sensoren verändern die Art und Weise, wie wir uns fortbewegen.

Auf dieser Seite:
Was ist autonomes Fahren?
Vom Auto zum fahrenden Computer
5 Stufen der Automatisierung
Gesetze zum autonomen Fahren
Deutsche Autos & autonomes Fahren?
Selbstfahrende Autos der Zukunft

Was ist autonomes Fahren? – Definition

Autonomes Fahren durch verschiedene Fahrerassistenzsysteme verspricht nicht nur eine erhöhte Auto-Sicherheit auf den Straßen. Gleichzeitig kommen Vorteile durch eine effizientere Nutzung von Ressourcen und eine Verbesserung der Mobilität für verschiedenste Bevölkerungsgruppen zum Tragen. Durch die Automatisierung des Fahrens werden Unfälle drastisch reduziert, die durch menschliches Versagen verursacht werden. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Gesellschaft und damit natürlich auch auf unsere Mobilität.

Versicherer stehen dabei vor der Herausforderung, ihre Risikobewertung und Prämiengestaltung neu zu überdenken, da die Verantwortlichkeit bei Unfällen von menschlichen Fahrern auf Hersteller und Softwareentwickler verlagert wird. Dieser Wandel erfordert neue rechtliche Rahmenbedingungen, um den veränderten Anforderungen gerecht zu werden. Die technologischen Grundlagen des autonomen Fahrens und seine aktuellen Entwicklungen haben zudem weitreichenden Folgen auch für eine auf diese Situation passende Autoversicherung.

Immer gemeint sind:m/w/d

Vom Auto zum fahrenden Computer - ein Menschheitstraum

Bereits in den 1980er-Jahren forschten Wissenschaftler an einer Privatuniversität in den USA und an der Universität der Bundeswehr in München an fahrerlosen Fahrzeugen. Heute zeigt die Vielzahl an Forschungsgruppen und Herstellerkooperationen, wie weit die Entwicklung fortgeschritten ist. Die Automobil-, Halbleiterindustrie und verschiedene KI-Unternehmen arbeiten gemeinsam und intensiv an einer zukunftsfähigen künstlichen Fahrintelligenz.

Die Technologien sind inzwischen so weit fortgeschritten, dass sie Fahrzeuge eigenständig steuern könnten, ohne dass menschliches Eingreifen noch erforderlich wäre. Mittlerweile übernehmen viele Fahrerassistenzsysteme schon teilweise eben diese Aufgaben während der Autofahrt. Ob und in welchem Umfang autonomes Fahren in verschiedenen Ländern vollumfänglich erlaubt werden wird und wie sie den Verkehr beeinflusst, wird die nahe Zukunft zeigen. Dabei gibt es verschiedene Stufen der Autonomie im Verkehr, die unterschiedliche Grade der Automatisierung definieren.

5 Stufen der Automatisierung zum selbstfahrenden Auto

Der Weg zum vollständig autonomen Fahren ist in 5 Stufen eingeteilt. Mit jeder Stufe kann das Fahrzeug selbstständiger agieren und entscheiden, was in bestimmten Situationen im Straßenverkehr zu tun ist.

Level 1: Assistiertes Fahren

Die erste Stufe des autonomen Fahrens ist das assistierte Fahren. Hierbei bleibt der Fahrer ständig in Kontrolle über das Fahrzeug und muss den Verkehr kontinuierlich im Auge behalten. Für Verkehrsverstöße bzw. Unfälle, Pannen und Schäden trägt der Fahrer die volle Verantwortung. In dieser Stufe unterstützen einzelne Assistenzsysteme den Fahrer bei spezifischen Fahraufgaben.

Assistiertes Fahren ist bereits in vielen heutigen Fahrzeugen Realität. Beispielsweise hält der Tempomat die eingestellte Geschwindigkeit konstant. Der automatische Abstandsregeltempomat (ACC, Adaptive Cruise Control) passt die Geschwindigkeit des Fahrzeugs an, um den Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug zu wahren, indem er automatisch bremst oder beschleunigt. Ebenfalls immer häufiger zu finden sind automatische Spurhalteassistenten (LKAS, Lane Keeping Assistant System), die ein Auto in der Spur halten.

Level 2: Teilautomatisiertes Fahren

Die zweite Stufe des autonomen Fahrens ist das teilautomatisierte Fahren. Hierbei bleibt der Fahrer stets in Kontrolle und muss den Verkehr kontinuierlich überwachen. Für Verkehrsverstöße und Unfälle trägt der Fahrer die Verantwortung.

Unter bestimmten Bedingungen kann das Fahrzeug die Spur halten, bremsen und beschleunigen, ohne dass der Fahrer eingreifen muss. Bei teilautomatisiertem Fahren kann das Auto zeitweilig bestimmte Aufgaben selbstständig übernehmen, wie beispielsweise auf der Autobahn gleichzeitig die Spur zu halten, zu bremsen und zu beschleunigen.

Hierfür kombinieren Autohersteller verschiedene Fahrerassistenzsysteme, wie den automatischen Abstandsregeltempomaten, den Notbremsassistenten und den Spurhalteassistenten. Auch Funktionen wie der Überhol- bzw. der Spurwechselassistent und das automatische Einparken, bei dem der Fahrer nicht mehr das Lenkrad bedienen muss, gehören zu Level 2. Beispiele dafür sind der Autopilot von Tesla und Distronic+, der Lenkassistent in der Mercedes S-Klasse.

Im Gegensatz zum assistierten Fahren der Stufe 1 kann der Fahrer bei Fahrzeugen der Stufe 2 kurzzeitig die Hände vom Lenkrad nehmen, wenn das Fahrzeug im teilautomatisierten Modus fährt. Dennoch muss er die Assistenzsysteme ständig überwachen und eventuelle Fehlfunktionen korrigieren. Der Fahrer bleibt auch bei Unfällen verantwortlich, selbst wenn eine Fehlfunktion des Fahrzeugs vorliegt.

Level 3: Hochautomatisiertes Fahren

Die dritte Stufe des autonomen Fahrens ist das hochautomatisierte Fahren. In dieser Stufe kann sich der Fahrer vorübergehend von der Fahraufgabe und dem Verkehr abwenden, während das Fahrzeug unter bestimmten, vom Hersteller definierten Bedingungen selbstständig fährt. Das Fahrzeug übernimmt in diesen vordefinierten Szenarien eigenständig Aufgaben wie Überholen, Bremsen und Beschleunigen, je nach Verkehrssituation. Der Fahrer muss jedoch bereit sein, auf Anforderung des Systems kurzfristig die Kontrolle zu übernehmen.

Hochautomatisierte Fahrzeuge (Level 3) können für begrenzte Zeiträume und unter geeigneten Bedingungen ohne menschlichen Eingriff fahren. Diese Autos werden voraussichtlich zuerst auf Autobahnen eingesetzt, da dort kein Gegenverkehr herrscht, die Fahrbahnmarkierungen meist gut sichtbar sind und die Straßen digital erfasst wurden. Wenn der Fahrer den hochautomatisierten Modus aktiviert, darf er seine Aufmerksamkeit von der Straße abwenden, beispielsweise um zu lesen oder sich den Kindern auf den Rücksitzen zu widmen. Sollte die Fahrerassistenzsysteme ein Problem erkennen, muss der Fahrer jedoch sofort das Steuer übernehmen.

Derzeit gibt es nur wenige für Deutschland zugelassene Fahrzeuge, welche mit einer Level-3-Funktion wie einem Stauassistent ausgestattet sind.

Level 4: Vollautomatisiertes Fahren

Die vierte Stufe des autonomen Fahrens ist das vollautomatisierte Fahren. In dieser Stufe kann der Fahrer die vollständige Kontrolle über das Fahrzeug abgeben und wird zum Passagier. Das Fahrzeug ist in der Lage, bestimmte Strecken wie Autobahnen oder Parkhäuser völlig eigenständig zu bewältigen und kann sogar ohne Insassen fahren. Während der Fahrt dürfen die Passagiere schlafen, ihr Smartphone nutzen oder Zeitung lesen. Das System erkennt seine eigenen Grenzen rechtzeitig und kann in solchen Fällen sicher und regelkonform anhalten oder einen sicheren Zustand erreichen. Passagiere sind während der vollautomatisierten Fahrt nicht für Verkehrsverstöße oder Unfälle verantwortlich.

Ingenieure und Informatiker in den Entwicklungsabteilungen großer Automobilhersteller sowie bei Unternehmen wie Apple, Google und Uber arbeiten intensiv an der Vollautomatisierung von Fahrzeugen, also an Stufe 4 des autonomen Fahrens. Auf diesem Level übernehmen die technischen Fahrerassistenzsysteme in Kombination alle Fahrfunktionen, sodass das Fahrzeug auch längere Strecken ohne menschlichen Eingriff bewältigen kann.

Das Auto könnte eigenständig auf die Autobahn auffahren, sich in den Verkehr einordnen, der Spur folgen, blinken, überholen sowie bei Bedarf bremsen und beschleunigen und schließlich die Autobahn wieder verlassen. Am Ende einer solchen vollautomatisierten Fahrt können die Insassen die Steuerung wieder übernehmen. Falls sie dazu nicht in der Lage oder nicht bereit sind, muss das Fahrzeug einen sicheren Zustand erreichen, beispielsweise indem es einen Parkplatz anfährt.

Level 5: Autonomes Fahren

Die fünfte Stufe des autonomen Fahrens ist das vollendete autonome Fahren. Hier gibt es keine Fahrer mehr, nur noch Passagiere ohne Fahraufgaben. Fahrten ohne Insassen sind ebenfalls möglich. Die Technik im Fahrzeug bewältigt alle Verkehrssituationen eigenständig. Mit dieser letzten Stufe ist das autonome Fahren vollständig realisiert.

Das Fahrzeug wird komplett vom KI-System gesteuert und übernimmt alle erforderlichen Aufgaben. Selbst komplexe Situationen wie das Überqueren von Kreuzungen, das Durchfahren von Kreisverkehren oder das richtige Verhalten an Zebrastreifen werden problemlos gemeistert. In dieser Stufe existiert der eigentliche Fahrer mehr, sondern ausschließlich Passagiere.

Rechtliche Grundlagen des autonomen Fahrens in Deutschland

Im Mai 2021 haben Bundestag und Bundesrat ein Gesetz verabschiedet, das es vollständig autonomen Fahrzeugen grundsätzlich erlaubt, am öffentlichen Straßenverkehr in Deutschland teilzunehmen. Obwohl an den detaillierten Ausführungsbestimmungen noch gearbeitet wird, wird es voraussichtlich noch viele Jahre dauern, bis die ersten fahrerlosen Autos auf deutschen Straßen unterwegs sein werden.

In der Übergangszeit werden vor allem hochautomatisierte Fahrsituationen mittels Fahrerassistenzsysteme dominieren, wie zum Beispiel das Abstellen von Autos in Parkgaragen, das Fahren in Staus und das Kolonnenfahren auf Autobahnen. Die gesetzlichen Regelungen sind für die verschiedenen Ausbaustufen unterschiedlich:

Assistiertes Fahren

Bei assistiertem Fahren (Level 2) unterstützen Systeme wie Spurhalteassistenten, Einparkhilfen und Tempomaten die Autofahrer, die jedoch weiterhin verantwortlich bleiben. Gesetzlich müssen Fahrer stets aufmerksam sein. Deshalb sind Autos mit Hands-On-Erkennung ausgestattet, um sicherzustellen, dass Fahrer die Kontrolle behalten.

Hochautomatisiertes Fahren

In bestimmten Situationen können Fahrer die Kontrolle vollständig an das Automatisierungssystem (Level 3) übergeben und ihre Aufmerksamkeit vom Verkehr abwenden, müssen aber bei Bedarf sofort eingreifen können. Die Techniken wie ein Autobahnstaupilot oder ein Autobahnpilot müssen diesen Vorgaben entsprechen und bei Bedarf die Aufmerksamkeit des Fahrers sofort auf das Verkehrsgeschehen lenken.

Der Weg zum autonomen Auto

Autonomes Fahren (Level 4 und 5) ist komplexer und gesetzlich geregelt. Seit Mai 2021 dürfen autonome Fahrzeuge in Deutschland ohne physisch anwesende Fahrer in genehmigten Betriebsbereichen fahren, wie z. B. Shuttlebusse auf Firmengeländen. Eine technische Aufsicht ist erforderlich, um den Betrieb zu überwachen und im Notfall einzugreifen. Haftpflichtversicherungen sind sowohl für den Fahrzeughalter als auch für die technische Aufsicht vorgeschrieben, und die strafrechtliche Verantwortung muss im Einzelfall geklärt werden.

Wie weit sind deutsche Hersteller beim autonomen Fahren?

Im Vergleich zu ihren amerikanischen Konkurrenten agieren die deutschen Autohersteller zurückhaltender, bemühen sich jedoch, in der Entwicklung aufzuholen. Die Automarke BMW hat bereits 2019 in Unterschleißheim nahe der Autostadt München einen speziellen Campus gegründet, auf dem etwa 1700 Experten an der Entwicklung von Software-Algorithmen für hochautomatisiertes Fahren arbeiten. Zur Speicherung der im Straßenverkehr gesammelten Daten hat BMW zwei Datencenter mit einer Kapazität von 500 Petabyte (PB) errichtet – genug Speicherplatz, um alle jemals geschriebenen und gedruckten Wörter der Menschheitsgeschichte fünfmal zu speichern.

Mercedes-Benz war der erste deutsche Autohersteller, der die Zulassung für den sogenannten Drive Pilot erhielt, ein Staupilotsystem für die Autobahn. Dieses System kann bei Geschwindigkeiten bis 60 km/h die Fahraufgaben übernehmen. Ist das System aktiv, darf der Fahrer sich vom Verkehrsgeschehen abwenden und beispielsweise das Handy nutzen, wobei die Verantwortung vom Fahrer auf das Fahrzeug übergeht (Level 3) – eine Premiere im deutschen Straßenverkehr.

Selbstfahrende Autos in der Zukunft: Prognose & Chancen

Selbstfahrende Autos sind längst Realität, jedoch variiert der Grad der Automatisierung. Fahrerassistenzsysteme, die Autofahrern beim Halten und Wechseln der Fahrspur automatisch helfen, sind bereits in den meisten Autos verfügbar sein. LiDAR-Sensoren, die kontinuierlich weiterentwickelt werden und bereits in vielen Fahrzeugen eingesetzt sind, beschleunigen die Verwirklichung des autonomen Fahrens.

Dennoch wird es noch eine Weile dauern, bis vollständig autonome Fahrzeuge weit verbreitet sind. Laut einer Studie der Forschungsorganisation Prognos werden selbstfahrende Autos erst nach 2040 allmählich zur Norm. Bis 2050 könnten etwa 70 Prozent der Autos eine völlige Abwendung des Fahrers vom Straßengeschehen ermöglichen. Vollautomatisierte Fahrzeuge werden demnach erst ab 2040 in größeren Stückzahlen verfügbar sein. Die Auswirkungen auf die Anzahl der Verkehrsunfälle durch die vermehrte Nutzung automatisierter Fahrzeuge sind noch abzuwarten, sollen Berechnungen zufolge jedoch deutlich abnehmen. Auch die genauen gesetzlichen Vorgaben für Hersteller autonomer Fahrzeuge, die Halter bzw. Fahrer und Kfz-Versicherungen werden sich der technischen Entwicklung anpassen.